1970
Ernst Schwarz


(*6.8.1916, U6.9.2003) Entstammt einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Wien. Er studiert anfänglich Ägyptologie und Medizin, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 emigriert er im Alter von 22 Jahren nach China. In Shanghai lernt er im Selbststudium Chinesisch. In Hangzhou und Nanjing unterrichtet er englische Literatur an der chinesischen Universität. Seine Jahre in China bis 1960 verbringt er recht unkonventionell und gibt an, "als Dolmetscher bei Gericht, als Übersetzer, als Jutespinner, als Bauer im regelmäßigen freiwilligen Einsatz in den Teeplantagen und auf den Reisfeldern in Hongdschour, als Sportlehrer, als Journalist, Bibliothekar und in so machen anderen Berufen" tätig gewesen zu sein. "Ein ziemlich mühsames Leben, dafür aber voller Abwechslung." Über die Zeit des 'Großen Sprung vorwärts' schreibt er: "Noch Jahre nach meiner Rückkehr nach Europa sah ich mich in Alpträumen zurückversetzt in die graue Welt sinnloser, oft ganze Tage lang dauernder Versammlungen, verfolgten mich die schrillen Stimmen der Ankläger und Denunzianten, der grimmige Ton der Kritik und die strenge Bestrafung, die ehrliche Menschen über sich ergehen lassen mußten, wenn sie ,dumm' genug waren, die Wahrheit zu sagen, wirklich kritikwürdige, Volk und Staat schädigende Maßnahmen, Fehler und Mängel aufzudecken." Aufgrund chinesischer Repressalien verlässt Schwarz 1960 China und reist über England und Belgien schließlich in die DDR. Von 1961 bis 1970 unterrichtet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als Lektor am Ostasiatischen Institut der Humboldt-Universität in Berlin. 1965 promoviert Schwarz zum Doktor der Philosophie. Nachdem er aus den Diensten der Universität ausgeschieden ist, lebt er als freier Übersetzer. 1993 zieht Schwarz wieder in seine Heimatstadt Wien zurück.

Laudse. DAUDEDSCHING.
Aus dem Chinesischen übersetzt und herausgegeben 
von Ernst Schwarz.
Philipp Reclam jun., Leipzig 1970. 226 Seiten.

Neuausgabe:   Laudse Daudedsching (Lao-tse Tao-te-king).
                    
 
Aus dem Chinesischen übertragen und mit einer
                      Einführung, Anmerkungen sowie einem Literatur-
                      verzeichnis herausgegeben von Ernst Schwarz.
                      Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co.KG,
                      München 1980


(Die vollständige Textversion von Ernst Schwarz finden Sie über diesen Link)

 

 

          "Ein Werk wie das Daudedsching, das Buch vom Dau und De, das schon so oft und in so viele Sprachen übersetzt worden ist, neu übersetzen und interpretieren zu wollen, ist ein Unterfangen, das einer Rechtfertigung bedarf, und als solche stellen wir den schlichten und doch so bedeutungsvollen Satz Prof. J. D. Bernals an den Anfang dieser Arbeit: "Die größte Schwierigkeit bei einer Entdeckung liegt nicht darin, die notwendigen Beobachtungen zu machen, als darin, sich bei ihrer Interpretation von traditionellen Vorstellungen zu lösen". Das Daudedsching ist für jeden, der sich ernsthaft damit beschäftigt, eine Entdeckung. Die Begriffe, mit welchen der Autor operiert, sind offensichtlich vieldeutig; der Autor selbst ist so gut wie unbekannt; in dem ganzen Werk finden sich weder Eigennamen noch sonst irgendwelche Angaben, die eine zeitliche Einordnung ermöglichen, so daß sich der Zeitabschnitt, in welchem es verfaßt wurde, nur nach stilistischen Kriterien annähernd auf das Jahrhundert - nämlich das dritte, vierte oder fünfte v. u. Z. bestimmen läßt. Zu diesen objektiven Schwierigkeiten gesellt sich noch ein gewisses Abhängigkeits- verhältnis des Übersetzers zu den chinesischen Kommentatoren, welche ihrerseits wieder in einem deutlich spürbaren Abhängigkeitsverhältnis zu mystisch-religiösen, konfuzianischen, neokonfuzianischen, legalistischen und anderen Strömungen ihres Zeitalters standen und somit bewußt oder unbewußt den gedanklichen Inhalt der Lehren des Daudedsching verzerrten oder verfälschten.
          An Beobachtungen fehlt es auch bei europäischen Übersetzern nicht. Daß nicht alle für das Verständnis des Werkes unbedingt notwendig sind, mag die Beobachtung des französischen Gelehrten Abel Rémusat andeuten, der in die drei Schriftzeichen "i", "hsi" und "we" des Kapitels 14 den Namen Jehovah hineinlas, was übrigens der deutsche Gelehrte Victor von Strauss ebenfalls für richtig hielt....
          Der Leser mag sich wundern, warum in der Übersetzung alle Wörter ... kleingeschrieben und alle - außer den für das Verständnis unbedingt notwendigen - Satzzeichen vermieden wurden. Der Grund liegt einfach darin, daß es im klassischen Chinesisch keine Wortgruppen im Sinn unserer grammatikalischen Begriffe gibt - und auch keine Satzzeichen! So wagten wir den Versuch, typographische Haupt- und Zeitwörter, Satzbeginn und Satzende zu verwischen, zumindest mit diesem einzigen uns im Deutschen zur Verfügung stehenden visuellen Mittel, ihre Unterschiedlichkeit weniger auffällig zu machen. Wir hegen dabei zugleich auch die Hoffnung, den Leser in den durchgehend kleingeschriebenen und satzzeichenarmen oder satzzeichenlosen Sätzen die Zusammenhänge selbst suchen und somit an der Arbeit des Übersetzers gleichsam interpretativ teilnehmen zu lassen."
                                                          (Aus der Einführung von Ernst Schwarz)

Der Verfasser bietet in seinem Vorwort eine sehr ausführliche und vielschichtige Einführung, gibt interessante Anmerkungen zu den etymologischen Grundlagen der chinesischen Begriffe des TaoTeKing und entwirft in einem geschichtlichen Abriss die gesellschaftliche Situation und das Weltbild im China der Frühzeit. Absolut lesenswert!

 

Ich biete hier ein gebrauchtes Exemplar für 3 € an:

 

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