1961
Günther Debon


(*1921 in München, U1.12.2005 in Neckargemünd) Lernt in der Kriegsgefangenschaft Chinesisch. Ab 1948 Studium der Sinologie, Japanologie und des Sanskrit in München. 1953 Promotion. 1959 Habilitation in Sinologie in Köln. 1968 Berufung auf den Lehrstuhl für Sinologie in Heidelberg. 1986 Emeritierung.

Lao-Tse. Tao-Tê-King.
Das Heilige Buch vom Weg und von der Tugend.
Philipp Reclam jun., Stuttgart 
143 Seiten

    

Neuausgabe:

LAO-TSE , Tao-Tê-King.
Das Heilige Buch vom Weg und von der Tugend. Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen von Günther Debon.
Durchgesehene und verbesserte Ausgabe, Philipp Reclam jun., Stuttgart 1979 (Universal-Bibliothek Nr. 6798)

          "Der Erhaltungszustand des Werkes ist kein guter. Zum Teil ist er desolat. Oft genug muß der Philologe zwischen mehreren gleichberechtigten Lesarten wählen; oft genug muß er sich einer Kommentatoren-Auslegung anvertrauen. Mißdeutungen älterer Schriftzeichen, Auslassungen, irrtümliche Aufnahme von Glossen in den Text und andere Fehler verunklären das Werk. So mancher geheimnisvolle Satz beruht auf der Nachlässigkeit abschreibender Generationen. Begünstigend wirkt hier der Umstand, daß ein chinesisches Literaturwerk "behalten" werden kann, ohne letztlich verstanden zu sein. Die mangelnde Scheidungsmöglichkeit der Sprache zwischen Hauptwort und Tätigkeitswort, Hauptsatz und Nebensatz, Aussage und Hypothese, Einzahl und Mehrzahl, zwischen dem Handelnden und der Handlung; die mangelnde Kennzeichnung der Zeitstufen und Aspekte, der persönlichen Fürwörter, der direkten Rede bzw. der Zitate, das Fehlen der Satzzeichen überhaupt - all dies erschwert das Verständnis chinesischer Schriften und im besonderen des Tao Te King, das zwar nicht betont dunkel - auch dies eine Fabel -, aber betont kurz sein will. So differieren selbst die Übersetzungen der Fachleute zum Teil erheblich, von jenen wohlmeinenden Nachschöpfungen ganz abgesehen, die, ohne Sprachkenntnis geschaffen, dem Gedankengut des "Übersetzers" nur allzu weiten Spielraum lassen. Dennoch erweist sich auch an Lau-dses Worten, was für alle heiligen Schriften gilt: Die relevanten Stellen sind erfreulich klar, und an der Botschaft ändert auch peinlichste Textkritik kaum etwas.
          Der heikelste Punkt am heutigen Zustand des Tao Te King ist die Reihenfolge der einzelnen Stücke. Die chinesischen Bücher des Altertums waren vor Aufkommen des Papiers während der Han-Zeit auf Holz- und Bambusstreifen geschrieben. Brachen die Schnüre, an denen die Streifen aufgereiht waren, so zerfiel das Werk in einzelne Sätze. Bei der Instandsetzung mag so mancher Fehler unterlaufen sein, im Tao Te King um so leichter, als es weitgehend aphoristisch konzipiert ist. Besonderer Tort wurde dem Text angetan, als er unter oder kurz nach der Han-Dynastie (206 v. - 220 n. Chr.) aus Gründen der Zahlenmystik in 81 (= 3 x 3 x 3 x 3) Kapitel eingeteilt wurde. Mancher Zusammenhang mag dabei künstlich hergestellt und auch mancher zerstört worden sein. Zuweilen scheint ein gleicher Reim, zuweilen ein gleicher Ausdruck zur Zusammenfügung von Einzelstücken verführt zu haben. Manch ein gedanklicher Widerspruch ließe sich mit nachträglichen Einschüben erklären. Auf der anderen Seite scheint es, als ob einige Sprüche des Lau-des verlorengegangen wären ...
          Die vorliegende Übersetzung hält sich an den Text des Wang Bi als einer jener geheiligten Unvollkommenheiten, mit denen wir uns wohl abzufinden haben. Ihn aufzugeben dürfte nicht eher erlaubt sein, als die Textkritik zu weniger widersprüchlichen Ergebnissen gelangt. Denn jeder verbesserte Text erweckt den Eindruck, als sei er dem Archetyp nähergekommen, ohne mehr beweisen zu können, als daß er verständlicher geworden ist."
                                                       (Aus der Einleitung von Günther Debon)

Interessant ist der Hinweis zur Einteilung der Textkapitel. Schon andere Übersetzer weisen darauf hin, dass z.B. das 18., 19. und der Beginn des 20. Kapitels thematisch eine recht klare Einheit bilden, während der zweite Teil des 20. dann von ganz anderem handelt. "Nicht mehr als rund 800 verschiedene Worte gebraucht Lau-dse für seinen Traktat ... Diese Schlichtheit des Ausdrucks und Reinheit des Gedankens gilt es in der Übersetzung zu wahren." Dieses Bemühen führt bei der vorliegenden Textversion aber manchmal an die Grenze der Unverständlichkeit.

Ich biete hier privat ein Exemplar der seltenen Erstausgabe 1961 an:


m

Zurück zur Auswahlseite