Etwas ganz Wesentliches vorweg: Was ist Teetrinken überhaupt? Das Trinken einer Flüssigkeit? - das wäre nun doch etwas zu prosaisch! Eine Verschnaufpause im hektischen Alltag? Schon eher. Teetrinken hat für mich im Laufe der Jahre an Bedeutung und Tiefe gewonnen. Unter Teetrinken verstehe ich Augenblicke, in denen ich wieder mit mir selbst zusammenfinde, in Ruhe herausgenommen aus der äußeren Welt. Es ist mein Synonym für kontemplative Augenblicke voller Nachdenklichkeit, Muße und Besinnung. So ist Teetrinken für mich zu einem Symbol geworden, eine innere Stimmung, und irgendwann war der Tee dann nicht einmal mehr das Wesentliche am Teetrinken. Deshalb ist die Suche nach ausgefallenen Teesorten mehr Spielerei und es ist müßig, über guten und schlechten Tee zu debattieren. Hier zeige ich jene Orte, die neben gutem Tee noch den Rahmen bieten, sich wohlzufühlen und seinen Gedanken nachzuhängen.



"Bitternis, Bitternis!" würden da alle Chinesen laut ausrufen. Zu recht! Teetrinken besteht hierzulande zu 95% aus Enttäuschung und die verbleibenden 5% bilden nur den langen Weg, auf dem man zu dieser Erkenntnis gelangt. Deutschland ist kein Land des Tees: Lieblos kommt der Billig-Teebeutel daher - herb, bitter - ein Trauerspiel! Und auch das Ambiente deutscher Gastronomie verleitet nicht zum Träumen.
Quo vadis ?

"Garten des wiedergewonnenen Mondes". Im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin-Beijing hat man im Jahr 2000 im Erholungspark Marzahn den größten China-garten Europas fertiggestellt. Auf 2,7 Hektar Gelände gruppieren sich mehrere Gebäude um einen weitläufigen See, der von sprudelnden Quellen und einem Wasserfall gespeist wird. Bambus, Weiden und Taihu-Steine sind reichlich vorhanden und im Laufe der Zeit werden Wind und Wetter das Ganze mit der jetzt noch fehlenden Patina überziehen. Den Mittelpunkt des Gartens bildet das Teehaus mit seiner großen Terrasse am Seeufer. Die Liste der angebotenen China-Tees ist lang und für Deutschland sicherlich einzigartig. Alle Tees werden in der klassischen Deckeltasse mit einer Thermoskanne heißem Wasser zum Nachgießen serviert. Dazu gibt es chinesisches Gebäck und manchmal sogar frische Baozi - wahrhaft chinesische Verhältnisse!  (www.gruen-berlin.de)

"Garten der schönen Aussicht"
Die Tee-Götter meinen es gut mit mir, denn unweit entfernt von meinem Bambusgarten wurde gerade Deutschlands jüngster China-Garten eingeweiht. Wie in Berlin wurden auch hier alle Einzelteile in China vorgefertigt, in Container verladen und zusammen mit einem Trupp chinesischer Handwerker nach Mannheim geflogen, wo diese dann aus 1100 Tonnen Material ein zweistöckiges Teehaus mit Nebengebäude, Wandelgängen, mehreren Pavillons, Zickzackbrücken und ein kleines Felsgebirge aus Taihu-Steinen schufen. Während der Garten in Berlin dieser Bezeichnung schon durch seine Weitläufigkeit gerecht werden kann, besitzt der flächenmäßig kleinere Garten in Mannheim dafür atmosphärisch mehr Dichte: Der Anblick der Anlage von Westen, die Gestaltung der Dächer, der erstaunlich große Innenhof, eine Schauspielbühne, vor allem aber die Vorliebe der Planer für die vielfach gewundenen Wandelgänge, die alle Gebäude phantasievoll und abwechslungsreich miteinander verbinden, macht Spaß und schafft eine schöne Stimmung. Im Teehaus  werden rund 25 Teesorten in klassischen Deckeltassen serviert, dazu ein paar chinesische Süßigkeiten und warme gefüllte Teigtaschen (Baozi).

Das Teehaus ist täglich von 13.00 bis 19.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 11.00 bis 19.00 Uhr geöffnet. Über Winter (Anfang November bis Ende Februar) ist nur an Sonn- und Feiertagen von 12.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Und dienstags ist - sehr unchinesisch! - Ruhetag. Ausführliche Infos, auch zu Veranstaltungen vor Ort, bietet die Website www.stadtpark-mannheim.de, Unterpunkt 'Chinesischer Garten'.

Entwurf des chinesischen Gartens in Mannheim


Das China-Zentrum in Freiberg, nur wenige Kilometer nördlich von Stuttgart, war 1995, im Jahr seiner Errichtung, das größte originalgetreu nachgebaute chinesische Gebäude in Europa. Von der chinesischen Partnerstadt Dalian (in der Süd-Mandschurei) gestiftet, ist es heute in erster Linie ein China-Restaurant. In zweiter Linie aber auch ein Veranstaltungsort für allerlei Aktivitäten rund um China und Fernost. Im Sommer schließlich der rechte Ort, um hinter hohen Mauern geschützt im Freien am See seinen Tee zu nehmen. Sich hier einen schönen Tag zu machen, ist sicher eine feine Sache. (Mühlstr. 100, 71691 Freiberg, Tel.: 07141-791030; an Sonn- und Feiertagen ist ganztags geöffnet)

Das Drachenhaus. Im nordwestlichen Teil seiner Potsdamer Sommerresidenz Sanssouci ließ Friedrich der Große ein Wohnhaus für seinen Weingärtner errichten, der sich allein um die Pflege des neu angelegten Weinbergs zu kümmern hatte. Und da das Chinesische zu jener Zeit gerade mächtig en vogue war, erhielt die Behausung die Form einer achteckigen Pagode mit dreifach gestuftem Dach, Drachenfiguren an allen Ecken und einer exotisch anmutenden Bemalung. (Nicht zu verwechseln mit dem berühmten Chinesischen Teehaus von Sanssouci, mit seinen vergoldeten Figurengruppen.)
Im Drachenhaus ist heute ein Café-Restaurant eingerichtet, so daß man sich für einen mußevollen Tag im Park hier vom Frühstück bis zum Abendessen stilvoll verwöhnen lassen kann. Und auch eine eigene Teekarte wird geboten: Hochland-Darjeeling, Ceylon, Assam, eine Englische-Mischung "Sir William" (was immer das auch sein mag), Earl Grey und ein Grüntee. Letzterer kommt, erstaunlich professionell, nicht bereits aufgegossen an den Tisch, sondern separat - so kann man die Ziehdauer selbst bestimmen. Und auch ein zweiter Punkt erfreut den Grünteetrinker: Die Teekarte offeriert eine "Nachbrühung" - leider aber nicht kostenlos.

(www.cafe-drachenhaus.de)


Wintergarten

Lobby

"Das Adlon" - damit ist eigentlich alles gesagt. 1907 erfüllte sich der Berliner Hotelier Lorenz Adlon seinen Traum vom eigenen First-Class-Hotel und schuf damit das schönste und luxuriöseste Hotel seiner Zeit. So luxuriös, daß selbst Kaiser Wilhelm II. von seinem nahegelegenen Stadtschloß regelmäßig zur Visite kam. Doch wo einst Europas Könige abstiegen, der Zar eine Suite belegte und sich Rockefeller und der Maharadscha von Patiala vergnügten - es ist nicht mehr. In den letzten Kriegstagen 1945 ausgebrannt und der verbliebene Rest zu DDR-Zeiten geschliffen, erhebt sich das heutige Adlon zwar mit historischer Fassade am gleichen Platz, hat ansonsten aber nichts mehr mit seinem Vorgänger gemein. Der "Glanz von damals" ist dahin, die neue Lobby zwar weitläufig aber doch nur modern, daran ändert auch der Pianist am Steinway-Flügel nichts, und der schöne kleine Wintergarten steht im Augenblick nur für interne Festlichkeiten zur Verfügung. Doch der Tee ist hier gut und verdient Erwähnung: Für 11 EUR das Kännchen findet sich unter anderem ein guter Darjeeling (Jungpana Second Flush) und ein edler Gyokuro. Und noch etwas findet sich bei diesen Preisen immer: Ein freier Tisch.
(www.hotel-adlon.de)

Café im Literaturhaus. Man glaubt es kaum: Nur wenige Schritte entfernt vom quirligen Ku'damm befindet sich eine Oase der Ruhe. Und eine sehr stilvolle dazu! Umgeben vom Grün einer Gründerzeitvilla hat sich das Berliner Literaturhaus hier eingerichtet, mit einer Buchhandlung im Souterrain und: Einem feinen Café auf der Belle Étage! Vor allem sein Wintergarten ist da ein Ort zum Träumen: Im Sommer spendet ein großer Baum seinen kühlenden Schatten und im Winter blickt man melancholisch zum Glasdach hinaus. Zwei Grüntees sind im Angebot (von denen der vietnamesische erstaunlich aromatisch ist), dazu Darjeeling und Earl Grey, und selbstverständlich wird alles als loser Tee frisch aufgebrüht. In Verbindung mit einer feinen Speisekarte ist hier mein Lieblingsplatz im Moloch Berlin: Schreiben, lesen - das Leben genießen. Was wollen wir mehr! (www.literaturhaus-berlin.de , Unterpunkt Index)


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