1952
Edwin Müller

(*1876, V1951) Studierte zwei Jahre katholische Theologie und wechselte dann zum Jurastudium. Nach 1918 Rechtsanwalt in Karlsruhe. Widmete sich privat dem Studium der "Erneuerungslehren" Laotses und Richard Wagners. Verstarb nach Fertigstellung der Übertragung des Tao Te King, aber noch vor Fertigstellung der dazugehörigen Texterläuterungen.

LI ÖR. LAO-TSE. TAO-TE-KING.
Älteste und Lehrer als Führer zum Wege Gottes und zum echten Leben.
Aus dem chinesischen Urtext neu übersetzt und gedeutet.
Aus der Reihe: Grosse Erzieher der Menscheit. Eine Sammlung von Schriften großer Menschheitserneuerungslehrer. Band 1.
Herausgegeben von Gottfried Ginter.
Verlag Konkordia AG., Bühl-Baden 1952

(Die vollständige Textversion von Edwin Müller finden Sie über diesen Link)

"Den Namen Lao-tse, oder was dasselbe bedeutet Lao-tan, verlieh ihm die Welt, weil seine Lehre zu einem wesentlichen Teil von den Pflichten und Aufgaben der Älteren (lao) und der Lehrenden (tse) handelt. Die Zeichen lao und tse in unserem Buche sind also Berufsnamen, Amtsbezeichnungen für Volksälteste und Lehrer ... Die Schrift ist bestellungsgemäß verfaßt als Richtschnur, wie ein Gewalthaber handeln soll ... Die ersten sieben Zeichen der Schrift sind meines Erachtens also ein Ausruf an die Ältesten und Lehrer und wie folgt zu übersetzen: Älteste und Lehrer! Seid ein Beispiel des Weges Gottes und des Echten Lebens!"            
                                                  (Aus den Erläuterungen des Verfassers)

"Der Übersetzer hat den größten Wert auf eine möglichst wortgetreue Übertragung gelegt; er ist diesem Prinzip auch dann gefolgt, wenn dadurch die stilistische Darstellung etwas leiden sollte.
Ich habe den Begriff Tao in dieser Auslegung absichtlich beibehalten, den Dr. Müller meist mit Rechter Weg oder Weg Gottes wiedergibt ... Die beiden von Dr. Müller gewählten Ausdrücke sind bei weitem nicht so umfassend wie das Wort Tao, das, wie die meisten Sinologen gestehen müssen, nicht durch ein gleichwertiges Wor in eine andere Sprache übersetzt werden kann. Auch den Begriff Wu-Wei, das Nichtstun, kennt Dr. Müller nicht. Er versteht darunter: Freiheitlassen beim Betreuen des Volkes, der Natur ihren Lauf lassen, Zurückhaltung, nicht Eifern! Er bezieht also das Wu-Wei nicht auf den einzelnen Menschen, sondern auf das Betreuen des Volkes durch die Amtswalter.
Nach seinem eigenen Geständnis hat Dr. Müller über 50 Jahre an der Übersetzung dieses alten chinesischen Weisen gearbeitet. In dieser langen Zeit hat er sich einen solchen Reichtum indogermanischer Sprachwurzeln angeeignet, daß er als einer der besten Sinologen gelten kann, ohne je dieses Fach studiert zu haben. Um jede Kritik der Fachwissenschaft von vornherein auszuschließen, hat er in oft übergroßem Verantwortungsbewußtsein und peinlichster Gründlichkeit seine Übersetzung immer wieder überarbeitet, verglichen und umgestaltet ... hat seine Deutungen mehrmals von neuem begonnen und die früheren Arbeiten immer wieder vernichtet. So zeigt die vorliegende Übersetzung ihr eigenes Gepräge und weicht von den bisherigen Übertragungen, besonders der von Richard Wilhelm, wesentlich ab."
                                                    (Aus der Einleitung des Herausgebers)

Wie wahr! Die Übertragung scheint Dr. Müller wirklich nicht leichtgefallen zu sein - und dem Leser geht es beim Lesen des Ergebnisses heute ebenso. Ein langes Ringen mit der endgültigen Textfassung kann von tiefer Auseinandersetzung zeugen und mit einem zunehmenden Begreifen und Erreichen höherer Verständnisebenen der Textbedeutung zusammenhängen. Etwas irritierend ist es aber, dass der Übersetzer die gänzlich neuen Begriffe >Sin< und >Yü< in das Tao Te King einbringt. 'Sin' bezeichnet fremdrassige zugewanderte, '' die eingeborenen Völker. Und auch beim Herausgeber finden sich Formulierungen, die heute etwas anecken: "Die leibliche und geistige Rassenmischung in Verbindung mit dem Zwang der Gesetze vollendete das Verderben. In der Deutung dieser Verhältnisse zwischen Sin und Yü liegt der große Unterschied zu den bisherigen Übersetzungen; alle früheren Übersetzer sind an der Deutung dieser Zustände gescheitert, weil sie mit den Ausdrücken 'Sin' und 'Yü' nichts anzufangen wußten; sie haben diesen Wörtern einen ganz fremden Sinn gegeben oder gar nicht übersetzt. Dr. Müller gebührt das große Verdienst, durch seine Forschung in der ostasiatischen und besonders in der alten chinesischen Geschichte die richtige Deutung des alten chinesischen Weisen gefunden zu haben. Auch Moses I. führt den Verfall der morgenländischen Kultur auf die Blutsmischung zwischen den Kindern des Lichtes (Gottes!) und den Kindern der eingeborenen Menschen zurück .... Leider konnte sich der Übersetzer nie dazu bewegen lassen, diese Erkenntnisse schriftlich niederzulegen ... Was ich .... dargelegt habe, ist das Ergebnis der zahlreichen Gespräche mit dem Übersetzer." Vielleicht lag es Dr. Müller aber auch fern, zu solchen Schlussfolgerungen zu gelangen, wie sie der Herausgeber hier zieht, der letztlich auch die Meinung vertritt, "So hat sich das deutsche Volk 1500 Jahre lang als Schutzwall und Schützer Europas gegen asiatische Invasion erwiesen." Eine befremdliche Auslegung des Tao Te King.
 

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