1999
Viktor Kalinke (Pseud.)


(* 1970 in Jena) Bürgerlicher Name: Dr. Torsten Klemm. Schriftsteller, Verleger und Übersetzer. Studierte Psychologie und Mathematik in Beijing, Dresden und Leipzig, wo er auch promovierte. 1998 gründete er zusammen mit der Graphikerin und Buchgestalterin Marion Quitz den Verlag Edition Erata, später umbenannt in Leipziger Literaturverlag..

Laozi. Daodejing.
Band 1 : Eine Wiedergabe seines Deutungsspektrums.

               Text und Übersetzung / Zeichenlexikon
 
              Edition Erata, Leipzig 1999. 121 Seiten
               ISBN 3-934015-00-X
              
(2. Auflage, 143 Seiten, illustriert, ISBN 3-934015-15-8)
Band 2 : Eine Erkundung seines Deutungsspektrums.

               Anmerkungen und Kommentare
               Edition Erata, Leipzig 1999. 134 Seiten
               ISBN 3-934015-01-8
               (2. Auflage, 138 Seiten, ISBN 3-934015-18-2)
Band 3 : Nichtstun als Handlungsmaxime.
               Zur Rationalität des Mystischen im Laozi
               Leipziger Literaturverlag, Leipzig 2011. 204 Seiten
               ISBN 978-3-86660-115-4

          "In Europa wurde das Daodejing lange als rein esoterischer Text verkannt; dies lag unter anderem daran, daß der Übersetzer an vielen Stellen auf Mehrdeutigkeiten stösst, die sich verführerisch zum Hineinprojizieren eigener Überzeugungen anbieten. So kann yu 'wollen', 'wünschen', aber auch 'Bestreben' heißen, von christlichen Übersetzern wird jedoch 'Begierde' mit abwertendem Beiklang bevorzugt. Auch die Grammatik der auf den ersten Blick klaren und einfach gebauten Sätze hat es in sich; je nachdem, wo ein heutiger Leser ein Komma setzen würde (das es ja im klassischen China noch nicht gab), können mitunter völlig verschiedene Sätze entstehen. Aufgrund seiner Vieldeutigkeit hat das Daodejing viele Übersetzer angespornt, eine letztgültige Version des Originals herauszugeben; entstanden sind jedoch höchst individuelle Deutungen.
          Eine neuerliche Herausgabe des Daodejing erscheint angesichts der Vielzahl an Übersetzungen überflüssig. Doch gerade die Einseitigkeit der Texte, der Anspruch, eben eine schlüssige Auslegung des chinesischen Originals vorzulegen, begründet die Unzufriedenheit des Lesers, der verschiedene Versionen miteinander vergleicht. Die hier vorgelegte Variante bemüht sich dagegen, die mehrdeutigen Passagen als mehrdeutig aufzunehmen und die Vielschichtigkeit der sprachlichen Struktur des Daodejing zu erhalten, auch wenn es mit einem Mehr an grammatischer Konstruktion im Deutschen erkauft werden muß. Dafür waren mir vorher erschienene Übersetzungen und Kommentare ein wertvoller Kompaß, um den Deutungsraum einzelner Wörter und Sätze auszuforschen. [ ... ]
          Die Zeilengestaltung der Übersetzung ist so gewählt, daß sie den Eindruck rhythmisierender Prosa erweckt, in der das Original offenbar verfaßt ist. Zugleich habe ich versucht, die Analyse des chinesischen Textes auf eine solche Basis zu stellen. Mir ist bis jetzt keine Ausgabe im deutschsprachigen Raum bekannt, die dem Leser auch die chinesischen Schriftzeichen mitliefert, so daß er überhaupt erst die Möglichkeit hat, sich in das Original hineinzuarbeiten ... Es lag mir am Herzen, die Gliederung der chinesischen Perioden so deutlich hervorzuheben, daß es leicht möglich ist, die Parallelen und geschickt eingefädelten Variationen zu erkennen ... darüberhinaus habe ich ein Glossar angefertigt, der auch die Stellen enthält, in denen die einzelnen Zeichen vorkommen, so daß eine Konkordanz entsteht, mit deren Hilfe es mir leichter fiel, die Übersetzung konsistent zu gestalten, ein Ziel, das von zahlreichen Interpreten verfolgt, aber nur selten durchgehalten wird."  
                                                                          (Vorbemerkung des Verfassers)

Neben der deutschen Übersetzung werden auch die chinesischen Schriftzeichen des verwendeten Originaltextes wiedergegeben, was diese Ausgabe zur Ausnahme unter den deutschen Übersetzungen macht. Im 2. Band geht der Verfasser detailliert auf die Bedeutung einzelner chinesischer Schriftzeichen ein. Auch dies wird von anderen deutschen Ausgaben nicht geboten und bietet besonders demjenigen neue Möglichkeit, der sich über das normale Maß hinaus mit dem Text auseinandersetzen will. 
Jeder Übersetzer kennt nur zu gut die Versuchung, seiner Textversion noch eine Alternative (in Klammern) beizufügen, um Ideen und Eindrücke wiederzugeben, die ihm sinnvoll erscheinen und parallel andere Bedeutungsmöglichkeiten herauszustellen. Denn gerade die eigene Übersetzungsarbeit führt nicht zwingend zu einer einzigen  Fassung, sondern offenbart eher die Fülle an unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten, Sichtweisen und auch Bedeutungsebenen. Mitunter ist das gedruckte Ergebnis für den Leser aber anstrengend zu lesen und hemmt den ruhigen Lesefluss.

Im Jahr 2011 erschien nun der dritte und abschließende Band von Torsten Klemm (Viktor Kalinke) "Nichtstun als Handlungsmaxime" mit sehr detaillierten und nuancierten Ausführungen zum Inhalt und Wesen des Daodejings. Eine aus meiner Sicht sehr umfassende und gelungene Zusammenfassung zum aktuellen Forschungsstand sowie eine ausgesprochen einfühlsame und beeindruckende Darlegung der Weltsicht vor dem philosophisch-menschlichen Hintergrund des Daodejing.
Ein Buch, das man gelesen haben sollte!
  

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