1999 |
(* 1970 in Jena) Bürgerlicher Name: Dr. Torsten Klemm. Schriftsteller, Verleger und Übersetzer. Studierte Psychologie und Mathematik in Beijing, Dresden und Leipzig, wo er auch promovierte. 1998 gründete er zusammen mit der Graphikerin und Buchgestalterin Marion Quitz den Verlag Edition Erata, später umbenannt in Leipziger Literaturverlag.. |
Laozi. Daodejing. |
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"In Europa wurde das Daodejing lange als rein esoterischer Text verkannt; dies lag
unter anderem daran, daß der Übersetzer an vielen Stellen auf Mehrdeutigkeiten stösst,
die sich verführerisch zum Hineinprojizieren eigener Überzeugungen anbieten. So kann yu
'wollen', 'wünschen', aber auch 'Bestreben' heißen, von christlichen Übersetzern wird
jedoch 'Begierde' mit abwertendem Beiklang bevorzugt. Auch die Grammatik der auf den
ersten Blick klaren und einfach gebauten Sätze hat es in sich; je nachdem, wo ein
heutiger Leser ein Komma setzen würde (das es ja im klassischen China noch nicht gab),
können mitunter völlig verschiedene Sätze entstehen. Aufgrund seiner Vieldeutigkeit hat
das Daodejing viele Übersetzer angespornt, eine letztgültige Version des Originals
herauszugeben; entstanden sind jedoch höchst individuelle Deutungen. Eine neuerliche Herausgabe des Daodejing erscheint angesichts der Vielzahl an Übersetzungen überflüssig. Doch gerade die Einseitigkeit der Texte, der Anspruch, eben eine schlüssige Auslegung des chinesischen Originals vorzulegen, begründet die Unzufriedenheit des Lesers, der verschiedene Versionen miteinander vergleicht. Die hier vorgelegte Variante bemüht sich dagegen, die mehrdeutigen Passagen als mehrdeutig aufzunehmen und die Vielschichtigkeit der sprachlichen Struktur des Daodejing zu erhalten, auch wenn es mit einem Mehr an grammatischer Konstruktion im Deutschen erkauft werden muß. Dafür waren mir vorher erschienene Übersetzungen und Kommentare ein wertvoller Kompaß, um den Deutungsraum einzelner Wörter und Sätze auszuforschen. [ ... ] Die Zeilengestaltung der Übersetzung ist so gewählt, daß sie den Eindruck rhythmisierender Prosa erweckt, in der das Original offenbar verfaßt ist. Zugleich habe ich versucht, die Analyse des chinesischen Textes auf eine solche Basis zu stellen. Mir ist bis jetzt keine Ausgabe im deutschsprachigen Raum bekannt, die dem Leser auch die chinesischen Schriftzeichen mitliefert, so daß er überhaupt erst die Möglichkeit hat, sich in das Original hineinzuarbeiten ... Es lag mir am Herzen, die Gliederung der chinesischen Perioden so deutlich hervorzuheben, daß es leicht möglich ist, die Parallelen und geschickt eingefädelten Variationen zu erkennen ... darüberhinaus habe ich ein Glossar angefertigt, der auch die Stellen enthält, in denen die einzelnen Zeichen vorkommen, so daß eine Konkordanz entsteht, mit deren Hilfe es mir leichter fiel, die Übersetzung konsistent zu gestalten, ein Ziel, das von zahlreichen Interpreten verfolgt, aber nur selten durchgehalten wird." (Vorbemerkung des Verfassers)
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